
„Unbeschreiblich schön zeigt sich das das Tien Shan Gebirge um uns herum. Der Pik Pobeda im Süden und die riesigen Gletscher um uns herum sind atemberaubend.“
— Arthur | LOWA Leiter Serviceabteilung
Kasachstan So unterschiedlich wie die Menschen, so unterschiedlich sind auch ihre Urlaubsziele. Unser Service-Leiter und Ansprechpartner für das LOWA PRO Team, Arthur Kudelka, hat im Juli 2019 wieder einen ganz speziellen Urlaub gemacht. Am 21. Juli geht’s nach Kasachstan, um hier in den nächsten Wochen den Khan Tengri (7.010 m), das Matterhorn des Tien Shan Gebirges, zu besteigen.
Der Pik Pobeda im Süden und die riesigen Gletscher um uns herum sind atemberaubend.
Im Juli fliegen wir endlich nach Kasachstan und nach einem knappen Akklimatisierungsaufenthalt im Karkara Base Camp auf 2.200 m geht es am Tag darauf mit dem Helikopter ins eigentliche Khan Tengri Base Camp auf 4.000 m. Im Base Camp treffen wir neben unserem Guide P.D. noch andere Aspiranten von überall auf der Welt, insgesamt ca. 20 Bergsteiger. Da unsere Zeit hier begrenzt ist, fangen wir einen Tag nach unserer Ankunft im Base Camp mit der Akklimatisierung an: Für den Anfang nehmen wir uns das Camp 1 des Khan Tengri vor.
Der Flug mit einer alten russischen Militärmaschine über den Inylchek-Gletscher, einen der größten außerpolaren Gletscher der Welt, ist atemberaubend.
Nach unserer ersten Ruhepause geht es weiter mit unserer Akklimatisierung am Chapaev Peak. Die Route ist uns bereits bekannt, weshalb das Erreichen der Lager 1 und 2 kaum ein Problem darstellt. Lediglich die mangelnde Höhenanpassung spüre ich während der Nacht in Lager 2. Den Gewalten des Berges zum Trotz erreichen wir den Gipfel des Chapaev auf 6.130 m und freuen uns über unseren ersten Erfolg: Meine Freunde und Begleiter Otto und Detlef sind sogar so glücklich, dass sie einen Kopfstand am Gipfel machen. Nach einer kurzen Trink- und Essenspause steigen wir wieder ins Camp 2 ab und übernachten nochmal, bevor es tags drauf zurück ins Base Camp geht. Jetzt heißt es wieder bestmöglich erholen, denn beim nächsten Mal geht es am Khan Tengri in Richtung Camp 3 und dann zum Gipfel.
Kurze Erholungspause
Nach inzwischen eineinhalb Wochen und drei Unternehmungen am Berg haben wir uns gut akklimatisiert und freuen uns auf den Gipfel. Am 2. August ist es dann soweit: Bis nach dem Mittagessen bleiben wir im Base Camp und steigen dann ins bekannte Camp 1 auf, wo wir die Nacht verbringen und von wo wir am nächsten Tag den Aufstieg zum Camp 2 in Angriff nehmen. Auch wenn wir gut vorankommen und gut vorbereitet sind, ist der Weg noch verdammt anstrengend und steil. Am frühen Nachmittag kommen wir im Lager an und versuchen, uns so gut wie möglich für die Gipfeletappe am nächsten Tag zu erholen.
Als wir unser Zelt in der Früh öffnen, sind wir eingeschneit.
Wir warten noch die Sonne ab, bis wir uns ins Lager 3 aufmachen. Die Kletterpassagen rauben uns wieder den Atem. Am Gipfel des Chapaev können wir leider nicht viel erkennen, da es auch leicht schneit. Wirklich Lust, hier oben zu verweilen, hat von uns keiner, sodass wir uns gleich auf den Weiterweg über einen kurzen Abseiler über den Bergschlund und dann weiter ins Lager 3 machen. Insgesamt sieben Stunden brauchen wir für den Auf- und Abstieg, bis wir am Nachmittag des 5. August gegen 15 Uhr den Lagerplatz im Sattel erreichen und erstmal unsere Zelte aufbauen.
Um Punkt Mitternacht endet unsere bitterkalte Nacht. Entgegen der eigentlichen Wettervorhersage, die den ganzen Tag Schneefall angekündigt hat, ist es am Tag unserer Gipfeletappe sternenklar. Es hat schätzungsweise um die minus 20 Grad Celsius und wir müssen uns bewegen, um keine Erfrierungen zu riskieren.
Im Licht unserer Stirnlampen erreichen wir den Westgrat des Gipfelaufbaus und starten mit der Kletterei im felsdurchsetzten Gelände.
Am ersten einigermaßen geraden Platz in der Route machen wir eine kurze Trinkpause und sehen tatsächlich noch zwei Zelte zusammengequetscht auf einer gefühlt drei Quadratmeter großen Fläche. Die Sonne geht gerade auf und wir genießen den Anblick des Morgenrots über dem Tien Shan Gebirge. Das Gelände bleibt konstant steil und wir arbeiten uns Meter für Meter nach oben. Dennoch kommt es einem vor, als würde man im Schneckentempo gehen und niemals ankommen. Nach ca. sechs Stunden erreichen wir endlich das Couloir, welches uns in Richtung oberen Gipfelaufbau führt. Hier geht es ein letztes Mal steil bergauf, bevor wie am Gipfelschneefeld ankommen. Nach insgesamt neun Stunden Aufstieg erreichen wir dann völlig erschöpft, aber glücklich den Gipfel des Khan Tengri auf 7.010 m.
Am Gipfel stehen wir auf drei Ländergrenzen, Kasachstan, Kirgistan und China.
„Unbeschreiblich schön zeigt sich das das Tien Shan Gebirge um uns herum. Der Pik Pobeda im Süden und die riesigen Gletscher um uns herum sind atemberaubend.“
— Arthur | LOWA Leiter Serviceabteilung
Otto, Detlef, unser Guide P.D. und ich sind die ersten am Gipfel und ganz allein hier. Das nutzen wir aus und knipsen ein paar Fotos, bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen. Dieser gestaltet sich fast genauso anstrengend wie der Aufstieg. Die Sonne kommt irgendwann in die Route und es wird unerträglich heiß. Die warmen Sachen kann man nur teils ausziehen und ich koche in meiner isolierten Überhose. Nach insgesamt 14 Stunden Auf- und Abstieg stehen wir endlich wieder im Lager 3 und freuen uns über diesen wundervollen Tag. Begreifen können wir es noch nicht wirklich, aber wir waren tatsächlich da oben, am Gipfel des Khan Tengri. Zur Belohnung gibt es die Gipfel-Gummibärle, extra sauer! Unsere deutschen Freunde Thomas und Henk aus dem Base Camp erreichen das Camp 3 und wollen morgen aufsteigen. Wir können unseren Erfolg schon genießen und fallen müde in unsere Schlafsäcke.
Der Abstieg ist genauso anstrengend wie der Aufstieg.
Der nächste Tag fordert nochmal alles von uns. Und wenn man denkt, die Strapazen seien vorbei, fängt einen Mucha, der Chef des Base Camps, vor dem Zelt ab und holt den Vodka-Kirsch, liebevoll Mucha-Martini von ihm genannt, raus. So einen Gipfel muss man richtig feiern, sa sdorowje.
Der Schuh
„Expeditionen sind die Königsklasse des Bergsports. Erfahrung, Können, Leidensfähigkeit und auch die richtige Ausrüstung sind oft entscheidend, ob eine Expedition erfolgreich ist oder nicht.“